Zusammenfassung
Auf Einladung der Kreistagsfraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN + DIE PARTEI diskutierten rund 30 Teilnehmer:innen – darunter Fraktionsmitglieder, Bürger:innen und Fachleute – mit der Moorschutz-Expertin Sally Raese über den Zustand und die Zukunft der Moore in Vorpommern-Rügen. Die Veranstaltung machte deutlich: Moore sind zentrale Klimaschützer und Biodiversitäts-Hotspots, deren Erhalt dringend beschleunigt werden muss. Gleichzeitig wurden strukturelle Hürden bei der Wiedervernässung thematisiert.
1. Bedeutung der Moore für Klima und Artenschutz
Moore bedecken 13 % der Fläche Mecklenburg-Vorpommerns (bundesweit: 5 %) und speichern als natürliche CO₂-Senken enorme Mengen Treibhausgase. Intakte Moore sind zudem Lebensraum für spezialisierte Arten wie Birkhuhn, Hochmoor-Bläuling oder Sonnentau. Doch durch Entwässerung, Torfabbau und Landwirtschaft sind über 90 % der Moore in MV degradiert – mit gravierenden Folgen für Klima und Ökosysteme.
„Moorschutz ist aktiver Klimaschutz. Jede wiedervernässte Fläche zählt – für die Region und für die Zukunft“, betonte Anett Kindler, stellv. Fraktionsvorsitzende der Grünen im Kreistag, in ihrer Begrüßung.
2. Status quo in Vorpommern-Rügen
Der Landkreis beherbergt 2.664 Moorflächen (ca. 10 % der Landkreissfläche, entsprechend 32.100 ha). Aktuell laufen mehrere Renaturierungsprojekte, darunter:
- Divitz: 11 ha (Pilotfläche)
- Schweikvitz (Rügen): 80 ha (1. Abschnitt; Gesamtpotenzial: 160 ha) → CO₂-Einsparung: 21.000 t
- Kartzitz (Rügen): 90 ha
- Waldmoore: „Jakobsdorfer Hals“, Endinger Bruch (300 ha), Bornmoor
- Mannhagener Moor (Sundhagen): 44 ha
- Polder Grosow (Rügen): 60 ha
- Polder Fuhlendorf (bei Barth): 100 ha (Grünland/Acker)
- Unteres Recknitztal: 390 ha (Moor und Wald)
Gesamtpotenzial für MV: 290.000 ha müssten wiedervernässt werden – in Vorpommern-Rügen sind es 32.100 ha.
3. Herausforderungen bei der Wiedervernässung
Trotz der dringenden Notwendigkeit hemmen mehrere Faktoren die Umsetzung:
- Eigentumsfragen: Unklare oder nicht kooperationsbereite Flächeneigentümer:innen.
- Nutzungskonflikte: Wirtschaftlicher Druck (z. B. Ackerflächen) und Betroffenheiten (z. B. Landwirt:innen).
- Finanzierung: Risiko für private Investoren; öffentliche Mittel oft unzureichend oder befristet.
- Behördliche Hürden: Ermessensspielräume und mangelnde Erfahrung in Genehmigungsverfahren.
- Fachkräfte: Positiv hervorgehoben wurde die Ausbildung von Moorspezialist:innen – hier gibt es Fortschritte.
Kritisch bewertet wurden die Ziele der Landesregierung MV: Die geplanten 8.500 ha/Jahr bis 2040/2050 seien „utopisch“ und unter den aktuellen Rahmenbedingungen nicht erreichbar.
4. Handlungsempfehlungen
Was helfen könnte:
- Kooperation mit Landwirt:innen: Finanzielle Anreize (z. B. Paludikultur, MoorFutures® und Ökokonten) und Beratung für moorverträgliche Nutzung.
- Beschleunigte Verfahren: Standardisierung von Genehmigungen, mehr geschultes Personal in Behörden.
- Öffentliche Mittel: Landes- und Bundeshaushalte müssen Moorschutz als Klimaschutz-Investition behandeln.
- Bildungsoffensive: Sensibilisierung für die Bedeutung von Mooren in Schulen und Kommunen.
- Zertifikatehandel verbessern: CO2-Zertifikate müssen als CO2-Kompensationsleistung anrechenbar sein.
„Wir brauchen einen Moorschutz-Turbo – mit klaren realistischen Zielen, fairen Lösungen für Betroffene und mutigen politischen Weichenstellungen“, fasste Kindler zusammen.
5. Fazit und Ausblick
Das Fachgespräch zeigte: Vorpommern-Rügen hat großes Potenzial für Moorschutz, doch der Zeitdruck ist enorm. Die Fraktion wird die Thematik im Kreistag weiter vorantreiben.
Nächste Schritte:
- Dokumentation der Veranstaltung
- Antrag an den Landkreis zur Ausbildung von „Moorspezialist*innen“ in der Behörde, sowie die Aufstockung von Personal in der Genehmigungsbehörde (Untere Naturschutzbehörde)
- Anfrage zu den Polderprojekten in Gustow (Degis – Ausgleichsmaßnahme!)
- Öffentlichkeitsarbeit: Das Moor-Thema immer wieder hochholen.




